Die ersten 150 Jahre

Martinskirche alt

Im Jahre 1855 wurde in Richrath unter dem Musik liebenden Pfarrer Aloys Theodor Kaiser, nach dem die Kaiserstaße im Zentrum Richraths benannt ist, ein Kirchengesangsverein gegründet. Trotz der mit dem sog. Kulturkampf im preussischen Rheinland verbundenen zeitweisen Verwaisung der Pfarrstelle überdauerte der Chor diese schwierige Zeit und konstituierte sich 1888 unter den Statuten des Cäcilienvereins neu als Chorverein „Cäcilia“ mit etwa 40 aktiven (männlichen) Mitgliedern. Im ersten Jahr und dann nochmals von 1900 bis 1906 leitete der damalige Küster und Organist Wilhelm Schuhmacher den Chor. Der Hauptlehrer Winand Hützen aus Berghausen war Chorleiter von 1889 – 1899.

Das 1905 gefeierte 50-jährige Chorjubiläum wurde mit 13 Kirchenchören und ca. 300 Sängern begangen. Ab 1906 hatte das Richrather Chormitglied Jakob Pullem die Chorleitung, dem dann 1912 bis 1914 Johann Müller folgte. Während des ersten Weltkrieges (1914 – 1918) kam das Vereinsleben weitgehend zum Stillstand. Als Anfang 1919 die erste Chorversammlung nach dem Krieg stattfand, war der Verlust von 10 gefallenen Mitgliedern zu beklagen. Doch bereits ab 1921 fand fast wieder jedes Jahr ein großes Chorkonzert statt. Seit der Gründung bis zum Jahre 1928 führte der Chor auch regelmäßig in der Winterzeit ein Theaterstück auf und trug so in mehrfacher Hinsicht zum kulturellen Leben Richraths bei.

Das 75-jährige Stiftungsfest 1930 wurde wiederum ein Richrather Großereignis mit einer Konzertbeteiligung von 12 Chören. Der Beginn des zweiten Weltkrieges 1939 führte sehr schnell zur Einstellung der Choraktivitäten, da fast alle Chormitglieder zum Wehrdienst eingezogen wurden. Der seit 1927 als Chorleiter und Küster fungierende Adam Pfeiffer gründete in dieser Zeit einen Damenchor, der während der Kriegsjahre die musikalische Gestaltung der Gottesdienste übernahm. Bei der ersten Generalversammlung nach dem Krieg am 18.11.1945 waren nur 24 Mitglieder anwesend; 7 waren im Krieg gefallen, viele noch in Kriegsgefangenschaft. Danach ging es mit dem Vereinsleben wieder bergauf: Unter der Leitung von Kapellmeister Christian Krings (1947 – 1958) zählte der Kirchenchor 48 Mitglieder und bildete wieder einen wesentlichen Faktor im kulturellen Leben Richraths.

Orgelansicht

Eine grundlegende strukturelle Veränderung des Richrather Kirchenchores bedeutete die 1955 mit überwältigender Mehrheit beschlossene Integration des Damenchors in den Kirchenchor „Cäcilia“. In diesem Jahr feierte der Chor auch sein 100-jähriges Bestehen und schloss dieses Jubiläum mit der Aufführung des Oratoriums „Der Messias“ in der Langenfelder Stadthalle ab. Mit 67 aktiven Mitgliedern erreichte der Chor einen personellen Höchststand. Vom Jahre 1957 an führte der Kirchenchor alljährlich eine Karnevalsveranstaltung durch, die eine bis heute reichende Tradition begründete.

Chorraum

1958 wurde Engelbert Persé neuer Chorleiter (1958 – 1994), der während seiner 36-jährigen Amtszeit dem Chor neue herausfordernde Ziele steckte. Nach Abbruch der alten St. Martinuskirche im Jahr 1967 waren es Chormitglieder, die in mühevoller Arbeit in den Abendstunden die Kirchenbänke für das neue Kirchenschiff erstellten. Einen musikalischen Höhepunkt stellte 1973 das Chor- und Solistenkonzert in der Pfarrkirche mit der weltbekannten Sopranistin Ilse Hollweg dar. Das Jubiläumsjahr mit dem 125-jährigen Bestehen des Kirchenchores wurde 1980 mit mehreren Konzertaufführungen begangen. In den folgenden Jahren war der Richrather Chor „Cäcilia“ fast jährlich mit öffentlichen musikalischen Aufführungen präsent, die sich nicht nur auf geistliche Chorwerke beschränkten und immer große Aufmerksamkeit und Anerkennung fanden. Höhepunkt des Vereinsjahres 1987 war die lang geplante Romreise des Chores. Mit der 1991 durch den Chor musikalisch mitgestalteten Einweihung des neuen Pfarrzentrums in Richrath erhielt der Chor einen schönen großen Probenraum, der seitdem den zentralen Ort für die wöchentlichen musikalischen Proben und den kommunikativen Austausch der Chorgemeinschaft bildet. Bis zum Erreichen des Ruhestands war Chorleiter Persé der Motor für die zahlreichen Aufführungen des Chors in Kirche und Pfarrzentrum.

1995 trat der neue Chorleiter Peter Gierling seinen Dienst in Richrath an und setzte die Tradition fort mit dem Chor regelmäßig ein großes geistliches Konzert aufzuführen. Aber neben den musikalischen wurden dem Chor auch bisweilen schauspielerische Leistungen abverlangt. So z.B. 1993 bei der Theateraufführung „Ein Sturm bricht los“ in der Langenfelder Stadthalle zum Gedenken an den Richrather Pfarrer Ludovici (1767 – 1802), und 1999 als „Eifelspatzen“ in der ARD-Serienproduktion „Lindenstraße“. 2005 schließlich erlebte die Feier des 150-jährigen Chorjubiläums mit der Aufführung des Händel-Oratoriums „Der Messias“ ihren Höhepunkt.

150 Jahre Chormusik an St. Martin in Richrath – das ist schon eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. Gleichzeitig verpflichtet sie aber auch zur Fortsetzung des Weges, in der die Freude am Singen, das Gotteslob beim Singen und das Erleben und Gestalten von Gemeinschaft über das Singen immer wieder Menschen zusammenzubringt.